Fall 2:
Checkliste für die formale Qualität und Plausibilität von CPET- Reports
Für die Spiroergometrie Arbeitsgruppe Rolf F. Kroidl, Stade
CPET = Cardio Pulmonary Exercise Testing
(international gebräuchliche Bezeichnung für Spiroergometrie)
Spiroergometrische Untersuchungen stellen im Idealfall das Ergebnis eines Belastungstestes dar, der auf genauer und atemzug- synchroner Sensorik beruht. Eine sehr große Zahl von Messdaten werden in der Ruhe-, in der Belastungs- und in der Erholungsphase erfasst und im Computer vermittels der 9 Felder Graphik (nach K. Wasserman) aufbereitet und präsentiert. Bei der Durchführung der Spiroergometrie sind jedoch Fallstricke und formale Besonderheiten zu beachten.
Das komplexe und hoch technologische System der Erfassung und Verarbeitung von Messwerten wirkt für den Nutzer mitunter wie eine Art „Black Box“. Meist ist es so, dass die gewonnenen Messdaten stimmen, ein blindes Vertrauen ist jedoch nicht angezeigt. Zur Plausibilität der präsentierten Messwerte (speziell von V'E, V'O2 und V'CO2) sei auf die Empfehlungen der Arbeitsgruppe zu Plausibilitätsprüfungen in der Spiroergometrie verwiesen (K.H. Rühle und Mitarbeiter).
Im Folgenden sei auf einige wichtige formale Aspekte eingegangen, die sehr einfach und fast „banal“ erscheinen, die jedoch in der Praxis vielfach nicht zur Anwendung kommen und dadurch den Nutzen der gesamten Messung verunsichern.
Als Beispiel seien die folgenden Graphiken dargestellt
Aus dem Protokoll entnehmen wir
Belastung nach 5 Min bei 75 Watt beendet, hierbei V'O2 = 1,04 L / min = 60% des Alterssollwertes, V'E = 39 L/Min, HF 148/min
Es soll hier primär nicht auf die klinische Situation und auf Ergebnisse der Messanalytik eingegangen werden, wir betrachten die formale Darstellung. Die erhobenen Messwerte sind in dem Feld links unten als Graphik zu erkennen. Mit Mühe und Ungenauigkeit kann man die Messdaten aus der Graphik nachvollziehen. Der weitaus meiste Raum in dem selbst konfigurierten Panel ist frei und nicht für Informationen genutzt.
Was liegt vor?
Es wurde eine fixe und äußerst ungünstige Skalierung gewählt, die Raum bieten würde für einen Hochleistungs- Radfahrer der Tour de France Kategorie (12 Liter V'O2, 50 Minuten Zeitrahmen).
Zudem musste nach 5 Minuten bereits abgebrochen werden, die dabei erreichte Endlast betrug 75 Watt. Das Protokoll besagt, dass mit 25 Watt Stufen alle 2 Minuten belastet wurde.
Dies ist ein lehrreiches Beispiel für ein wenig günstiges formales Vorgehen bei der CPET.
Die Folgerungen für die Erzielung guter und nutzbringender Ergebnisse sind nachfolgend dargestellt:
Formale Kriterien
• Sach- und leistungsgerechte Skalierung (1)
• Belastungs- Phasen und Belastungs- Dauer erfüllt (2)
Inhaltliche Kriterien
• Liegt ein leistungsangepasstes Belastungsprofil vor? (3, 4)
• Ist V‘E und Last plausibel? (5)
• Ist V‘O2 und Last plausibel? (6)
• Sind Ausbelastungs- Kriterien erfüllt? (7)
• Sind klinische Aspekte transparent berücksichtigt? (8)
Erläuterungen
1. Sach- und leistungsgerechte Skalierung?
X- Achse: Skalierung für die Zeit -> Vorschlag 20 Minuten
Y- Achse: Es sollte eine selbstadjustierende Skalierung für V'O2 und V'CO2 gewählt werden.
Hierdurch ist gewährleistet, dass die Graphik den gesamten verfügbaren Raum des Feldes ausfüllt. Man kann die Entwicklung und Dynamik der Messwerte besser nachvollziehen.
Es werden den Achsen bestimmte Parameter zugeordnet wobei gleichfalls auf Stimmigkeit zu achten ist.
- Beispiel: Panel 9 Angabe der Werte für pO2 / pCO2 bzw. PET O2 / PET CO2 in mmHg oder in kPA, nicht jedoch links das eine, rechts das andere
- Skalierung auf y1- und Y2- Achse identisch?
Nicht z.B. in Panel 6 EQ O2 skaliert bis 80, EQ CO2 skaliert bis 40.
2. Belastungs- Phasen und Belastungs- Dauer erfüllt?
Test- Phasen sind Ruhe -, Leertreten -, Belastung - und Erholungs- Phase
„2 Min. Leertreten“ -> eine Art „physiologischer Nullabgleich“, unverzichtbar!
- Mindestens 8 Minuten Belastung -> Kürzere Zeiten machen Beurteilung unsicher.
3. Liegt ein leistungsangepasstes Belastungsprofil vor?
Ziel ist: Bei Belastungs- Ende sollte Ausbelastung erreicht sein.
Somit
- Vermeiden von Überbelastung (zu steile Rampe)
- Vermeiden von Unterbelastung (zu flache Rampe)
Unterbelastung ist in Maßen kompensierbar durch Verlängerung der Bel.- Zeit um ca. 2 – 3 Minuten.
4. Welche Belastungsart wurde gewählt (Rampe oder Stufe)?
Stufenteste werden „traditionell“ verwendet. In der Sportmedizin sind sie sinnvoll, da zu bestimmten Zeitpunkten (Stufen) Proben zur Laktatmessung abgenommen werden.
Rampenteste sind auf Grund der jetzt verfügbaren sehr schnellen Sensorik möglich und vorteilhaft, sie haben sich bei der Darstellung der Werte in der 9 – Felder Graphik besonders bewährt.
5. Ist V‘E und Last plausibel?
(siehe Empfehlungen der Arbeitsgruppe zu Plausibilitätsprüfungen)
Formale Prüfung: Geht Ventilations- Kurve zur Lastkurve parallel? (Masken-Dichtheit?)
Prüfung der Zahlenwerte:
Zur Abschätzung -> Faustformel „Neuner Regel“ - 9 Liter Ruhe V‘E plus 9 Liter für 25 Watt
- Beispiel: 150 Watt Belastung
25 Watt sind 6 x in 150 „enthalten“ also: 6 x 9 plus 1 x 9 = V‘E = 63 Liter (Variabilität ± 10%)
6. Ist V‘O2 und Last plausibel?
(siehe Empfehlungen der Arbeitsgruppe zu Plausibilitätsprüfungen)
Formale Prüfung: Geht V‘O2 - Kurve zur Lastkurve parallel?
Prüfung der Zahlenwerte:
Zur Abschätzung -> Faustformel Belastungs- V‘O2 = kg KG x 5 + 10 x Watt
- Beispiel: Proband 100 kg, leistet 150 Watt -> V‘O2 = 2000 ml/min
(Variabilität ± 10%)
7. Sind Ausbelastungs- Kriterien erfüllt?
Verschiedene Kriterien (siehe Kursbuch) lassen eine Ausbelastung erkennen.
Zur Schnell- Orientierung -> RER > 1,1 in der Erholungsphase (Feld 8).
8. Sind klinische Aspekte transparent berücksichtigt?
Einfluss einer Belastungs-relevanten Therapie erwähnt?
Borg- Skala notiert? Klinische Kerndaten protokolliert?